Aus: Der Buchstabe Dal
XCII. (92)
Freudige Kunde ist da,
Der Frühling kommt, das Grün entsprießt,
Kommt die Belohnung nur ein,
Sie geh' auf Wein und Rosen auf!
Stimmen der Vögel sind da!
Wo ist die Liegerstatt des Weins?
Klagen versendet Bülbül,
Wer riß der Rosen Schleier weg?
Rosengefärbet sey nun
Die blaue Kutte mit dem Wein,
Weil der weinschenkende Greis
Dafür nicht einmal Hefen gab.
Sammle das Rosengeschlecht
Vom Mondgesicht des Schenken ein,
Weil in dem Umfang der Flur
Der Veilchen Flaum so lieblich sprießt.
Gehe den Weg nicht allein,
Zum fernen Bau der Liebe hin,
Sicher verlohren ist, wer
Dahin sich ohne Führer wagt.
Welchen Geschmack von der Frucht
Des Paradieses hat der Mann,
Der in den Apfel des Kinns
Des Liebchens nie gebißen hat.
Durch die Gespräche des Freunds
Ward ihm mein Herz so zugethan,
Daß ich die Anderen nun
Nicht hören und nicht sprechen mag.
O mein Gefährte! der Weg
Der Liebe hat der Wunder viele,
Denn es verschrecket der Löw'
Auf dieser Haid', der Hirschen viel.
Klage nicht über den Schmerz,
Denn auf dem Weg der Liebe hat
Keiner gefunden die Ruh,
Der nicht zuvor gelitten hat,
Führer des innersten Wegs,
Um Gottes willen komm' zu Hülf!
Denn ich sehe kein End',
In meiner Liebe Wüstenei'n,
Trinke den Wein, und verschenk'
Den goldnen Becher an Hafis,
Weil ein König aus Huld
Den Schuldigen verzeihen muß.
Von des Geliebten Gesträuch
Erhielt Hafis kein einz'ges Blatt,
Ihm hat auf diesem Gefild
Der Gnade Ostwind nicht geweht.
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