Aus: Der Buchstabe Ta
III. (3)
Herz! du bist der Schleier Ihrer Liebe
Aug! du bist der Spiegel Ihres Glückes;
Bei den Welten neiget sich mein Kopf nicht,
Ihre Gnade beuget meinen Nacken.
Du und Tuba, ich und Wuchs der Freundin, 1
Jeder denkt was seinem Sinn gemäß ist.
Was kann mir in dem Hareme werden, 2
Wo der Ost selbst vor der Thüre stehet.
Ist mein Saum befleckt, was hat's zu sagen,
Wenn die Welt von Ihrer Reinheit zeuget,
Hin sind Medschnun's Tage, nun sind meine, 3
Jeder kömmt fünf Tage an die Reihe;
Alles, Liebeherrschaft, Freudenschätze
Alles nur ein Seegen Ihres Glückes.
Sey ich selber, sey mein Herz geopfert,
Ists kein Schade, wenn nur Sie gesundet.
Meinem Auge sey Ihr Bild nie ferne,
Denn Ihr Kämmerlein ist dieser Winkel. 4
Frische Rosen die der Flur entblühen
Blühen glänzend, duften wie Ihr Umgang.
Schaut nicht auf Hafisens äußre Armuth
Denn sein Busen ist der Schatz der Liebe.
1 Du frommer Scheich denkst an den
Baum des Paradieses Tuba, ich Profaner auf den
Wuchs der Freundin. Jedem das Seinige.
2 Wie kann denn ich hoffen in
ihren Harem zu kommen, wozu selbst jedem Lüftchen der
Eingang verwehret ist.
3 Medschnun das Ideal eines
unglücklich Liebenden.
4 Dieser Winkel meines Auges.
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