Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CXV. (115)

Heute früh ist das Glück zu mir ans Bette gekommen,
Auf! so sprach es, es ist der süße König gekommen.

Leere das Glas, und wandere fort dich schaukelnd im Rausche,
Daß du siehst, auf welche Art dein Schöner gekommen.

Mann der Einsamkeit, der des Moschus Gerüche verbreitet,
Bringe die Kund', aus Choten sey ein Moschushirsche gekommen.

Thränen löschen die Gluth der Liebeverbrannten Gesichter,
Seufzer und Weh! ist armen Verliebten zu Hülfe gekommen.

Schenke reiche den Wein, und frage um Freund und um Feind nicht,
Jener hat sich entfernt, und dieser ist umgekommen.

In ein Bogengesicht ist der Vogel des Herzens verliebet,
Taube, nimm dich in Acht, es ist der Falke gekommen.

Als die Frühlingswolke den Lauf der feindlichen Zeit sah,
Ist sie weinend herab auf Jasmin und Narziße gekommen.

Als von Bülbül der Ost die Rede Hafisens gehört hat.
Ist er, mit Ambraduft durchweht, zu den Kräutern gekommen.

Choten, das Vaterland der Moschusgasellen. Das Glück wird noch immer redend eingeführt, und spricht Hafisen als einen die Einsamkeit liebenden Mann an, dessen Daseyn aber durch den Wohlgeruch seiner Gedichte der Welt bekannt ist. Der Moschus wird mit der Einsamkeit zusammengestellt, weil das erste Eröffnen der Moschusblase in einem abgelegenen Gemache des Hauses bei verschlossenen Thüren und Fenstern vorgenommen wird. Die Kunde selbst deutet auf die Ankunft eines dem Dichter lieb- und werthen Gastes, und wie die Kommentaren meynen, auf die Reise des Schah Mansur von Bagdad nach Schiras. Doch Gott weiß es am besten, setzt Sudi hinzu.


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