Aus: Der Buchstabe Dal
CXXIX. (129)
Billig ist's, wenn mein Herz zum Moschuswein sich
zurückzieht,
Aus der Verstellung kommt doch nichts besonders heraus,
Will die ganze Welt an meiner Liebe mich hindern,
Thu' ich doch nur das, was von mir heischet der Herr.
Höre nicht auf, dich nach des Geliebten Milde zu sehnen,
Eine holde Natur wird die Vergehen verzeih'n.
Immer bleibet das Herz im Reize deiner Erinnerung,
Hoffend zu lösen einst Ringe der Locken des Haars.
Du, dem Schönheit verlieh'n, und günstiges Schicksal
geschenkt ward,
Dich zu schmücken, sag, braucht es der Kräuslerin wohl?
Dein ist der Wein, ergötzend die Fluren, und lieblich
die Lüfte,
Anders braucht es jetzt nichts, als ein fröhliches Herz.
Eine stattliche Braut wär' freilich die Schönheit der
Erde,
Doch das Mädchen 1, kann keiner erlangen zum
Weib. 2
Nie wird die Flur von Cypreßen und Tulpen entblöset
erscheinen,
Eines gehet davon, aber das Andere kommt.
Frag' das bettelnde Herz ja nicht um unsere Sitte,
Sieh es hält mein Gesicht alles im Spiegel dir vor.
Mondengesicht sag' an, so sprach ich zu meinem Geliebten,
Sage, was ist's, wenn ein Kuß Herzen die Ruhe verleiht,
Lächelnd sprach sie: Hafis, bei Gott! es ist nicht
erlaubet,
Daß dein heißer Kuß trübe ein Mondengesicht.
1 Mochadara, die
Verschleierte, die noch keines Mannes geworden.
2 Die
Erde ist eine schöne Braut, aber sie ist so
unbeständig, daß sich keiner lang ihres Besitzes freuen
kann.
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