Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CXXXVI. (136)

Ward dein Gesicht mit dem Mond und mit den Plejaden verglichen,
So muthmaßte man nur; Keiner noch hat es gesehn.

Alle Geschichten der Welt von Schirin und Ferhaden erzählet,
Geben euch den Begriff, wie mich die Liebe zerstört.

Reiche mir Wein, kein Rath entkräftet des Looses Beschlüße,
Keiner ändert ab, was ihm das Schicksal bestimmt.

Was dies schwarze Maal, und die Locke voll Moschus gethan hat,
Hat kein zaubrischer Blick, haben nicht Wimpern gethan.

Schaue nicht mit Verachtung herab auf die Becher der Trunknen,
Weil Dschemschiden sie einst haben zu Bechern gedient.

Ist ein Blöder im Stand, die Tochter der Rebe zu freyen?
Sie, die baaren Verstand immer zur Mitgift verlangt? 1

Blinde des Staubs sind des Hefens der mächtigen Gönner beraubet,
Sieh das Unrecht, das man armen Verliebten erweis't.

Flügel der Geyer und Raben verdienen die Ehre der Jagd nicht,
Diese Ehre ist nur Falken und Adlern bewahrt.

Seelenverleihenden Duft besitzet die Erde der Schönen,
Deßhalb wird der Geruch Liebender dorten gewürzt. 2

Sieh! Hafisens Lied, das Euerer Handlung Preis ist,
Wird rings, wo man es hört, ohne Verstellung gelobt.

1 Wer die Tochter der Rebe freyen will, muß ihr seinen Verstand zur Mitgift bringen und darauf Verzicht thun.

2 Liebende können sich im Wohnort der Schönen mit Wohlgeruch versehen, weil die Erde dort süße Düfte aushaucht; so pflegten von Mohammed die tapferen Krieger von Mekka, eh' sie zur Schlacht auszogen, einer Frau einen Besuch zu machen, die ihres natürlichen Wohlgeruchs wegen berühmt war, um sich durch das Einhauchen desselben zum Kampf zu stärken.



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