Aus: Der Buchstabe Dal
CXLI. (141)
In Schiras ist kein Schönheitsbild, 1
Das mir Herz davon getragen,
Wenn mir das Glück noch günstig ist,
So will ich mich von hinnen tragen.
O saget an, wo ist ein Mann,
Ein Trunkener, ein Gnadenschenker,
Bei welchem mein verbranntes Herz
Hat einen Lohn davon getragen?
O Gärtner! seit dem Herbste schon
Seh' ich dich gleichsam halb verloren,
O weh! des Tags, an dem der Wind
Die Rosen hat davon getragen.
Des Schicksals Straßenräuber liegt
Im Hinterhalt, du sollst nicht trauen,
Denn was er heut davon nicht trug,
Das wird er morgen mit sich tragen.
Ich spiel' mit eigenem Gebild
Die Gaukelspiele der Begierden,
Vielleicht wird doch ein weiser Mann,
Sie anzuschau'n, dahin sich tragen.
Ich fürchte alle Wissenschaft,
Seit vierzig Jahren schon gesammelt,
Hat dieser trunkene Narziß
In einem Raub davon getragen.
Die Zauberey, die Wunderkraft,
Sie reimen sich nicht wohl zusammen,
Wer ist Samir, hat Moses nicht
Zuletzt den Sieg davon getragen. 2
Es ist der Weg der Liebe zwar
Der Hinterhalt der Bogenschützen,
Doch wer darauf sich klug benimmt,
Wird sich gesund von dannen tragen.
Das goldne Weinglas ist der Damm
Für die Beschwerniße des Herzens,
Deswegen gieb's nicht aus der Hand,
Sonst wird der Gram davon dich tragen.
Begehren deinen Geist, Hafis,
Des Freundes trunkne Augenwimpern,
So laße keinem andern Platz,
Die Seele dir davon zu tragen.
1 In der Stadt, d.i. in Schiras,
die vorzugsweise Farsistand Stadt hieß, wie Byzanz und
Rom polis und urbs.
2 Samir,
der erste der ägyptischen Zauberer, deren Gaukeleien
durch die Wunder Moses zu Schanden gemacht wurde. Ein
Zauberer kann es mit einem Propheten nicht aufnehmen. Jedi
beisa, die weiße Hand, das ist die Hand Moses, von
den Morgenländern vorzugsweise so genannt, weil er sie,
mit Aussatz bedeckt, in den Busen steckte, und dann
glänzend und rein wieder herauszog. Eine weiße Hand ist
also eigentlich eine Wunderhand, womit die Schönen
größere Wunder wirken, als einstens Moses.
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