Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CLII. (152)

Ach! daß durch den Lauf der Welt
Nichts von mir zu Stande kommt,
Daß mein Herz in Blut zerfließt,
Ohne daß mir Rettung kommt,

Weil ich in der Treue Gau
Füßestaub gewesen bin.
Denken sie, ich bin ein Hund,
Ohne daß ein Brod mir kommt.

Keinen Bißen kann ich mir
Brechen von dem kleinsten Bein,
Ohne daß nicht mein Gebiß
Wunden ohne Zahl bekommt.

Freilich wandle ich herum,
Um der Freunde treues Herz,
Aber was ist wohl zu thun,
Wenn mir Gottes Wort nicht kommt?

Ob der Sehnsucht Jusufs war
Jakobs Auge ganz verglast, 1
Ohne daß jedoch ein Laut
Von Aegypten zu ihm kommt.

Meines Herzens Loos ist schwer,
Von Verlangen und Begier,
Wehe! Wehe! daß Begier
Mir so schwer zu stehen kommt.

Bis aus Erdenstaube nicht
Tausend Dornen aufersteh'n,
Ist's nicht möglich, daß vom Strauch
Eine einz'ge Rose kommt.

Von dem Unrecht, das die Welt
Auf die Tugendhafte häuft,
Ist das Größte, daß ihr Geist
Nie in ihre Hände kommt.

Dumme sind aus Uebermuth
Aufgestiegen zum Saturn, 2
Schade, daß der Frommen Ach
Nie bis zum Saturnus kommt.

Sey geduldig o Hafis!
Wisse, daß am Liebespfad,
Wer die Seele nicht hingiebt,
Nicht zu dem Geliebten kommt.

1 Jakobs Auge war ganz weiß geworden vom Weinen um den geliebten Jusuf. Hafis stellt hier den Vater Jakob und der Liebling seinen geliebten Jusuf vor.

2 Saturn steht nach den Begriffen der orientalischen Astronomie im siebenten, das ist im höchsten Himmel. Unwürdige hebt das Glück bis auf die höchsten Stufen, welche Leute von Verdienst nie erreichen.


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