Aus: Der Buchstabe Dal
CLXI. (161)
Verlangen nach dem Frühlingswind
Hat mich auf die Fluren getragen,
Er hat mir deinen Duft gebracht,
Hinweg die Geduld mir getragen.
Wo immer sich ein Herz befand,
Das führte dein Auge von hinnen,
Mein einz'ges armes wundes Herz
Ward nicht aus dem Wege getragen.
Der Strom der Thränen trug den Stein
Des Herzens herein in die Straße,
Die größten Steine kann ein Strom
Zum Meeresgestade hintragen.
Wie Silber kamen mir in's Aug'
Die Thränen, und wuschen den Glanz weg,
Doch dieses Gold gab mir dafür,
Wer seidene Stoffe getragen. 1
Es nahm mir gestern alle Lust,
Die Sehnsucht nach deinem Genuße,
Doch endlich hat Vernunft hinweg
Das Heer des Schmerzens getragen.
Es flogen aus auf unserem Weg
Die Pfeile der Wimpern des Freundes,
Und durch die Hyacinten ward
Die Ruhe von hinnen getragen.
Das Weinglas prahlte gestern viel
Von Lebensverspendung der Lippen,
Doch deine Lippen haben fort
Den Unmuth des Weins getragen.
O spreche zu Hafisen nichts
Vom süßen Gesange Bülbülens,
Wer wird wohl zu dem Papagei
Den Namen des Zeisiges tragen. 2
1 Kumasch, eine Art von
reichem schönfarbigen Stoffe. Hier wird der Glanz des
Auges verstanden. Die Geliebte raubte mir meinen Kumasch,
den Glanz meines Auges, und hinterließ mir dafür Gold,
das ist eine gelbe abgehärmte Gesichtsfarbe.
2 Nachtigallen
sind nur Zeisige in Vergleich mit einem Dichter wie ich,
der durch Kunde des Worts ein seltener Papagei ist.
|