Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

I. (1)

Wenn es von mir abhängt beim Herzensfreund zu sitzen,
Trink' ich vom Glas des Glücks, pflück' Rosen des Genußes.

Es reißt der bittre Wein den Bau der Ruhe um,
Leg' Schenke deinen Mund auf meinen, raub' die Seele.

Ich werde rasend noch, indem bei Nacht und Tage
Ich mit dem Monde sprech', im Traum Perien sehe. 1

Dein Aug' und Mund giebt Wein und Zucker Trunknen,
Nur ich bin ganz beraubt von einem und von Anderen.

Ich geh' vom Krankenbett geradewegs in Himmel,
Wenn in dem letzten Zug du mir die Kerze haltest.

Der windentführte Staub ist schwer von deiner Anmuth,
Gedenke auch an mich, ich bin ein alter Diener.

Nicht jeder Dichter singt begeisterte Gesänge,
Mein schlauer Falke fängt des Liedes Rebhuhn sicher.

Glaubst du mir nicht, so geh' und frage Sina's Bilder,
Ob Mani nicht den Strich von meinem Kiel sich wünsche. 2

Es singt die Nachtigall: Auf Schenke! Guten Morgen.
Noch braußt in meinem Kopf der Lautenton von gestern.

Frag' nicht Hafisen, sondern mich um Rausch und Liebe;
Denn Flasch und Gläser sind mir Mond, sind mir Plejaden.

Nicht jedermann ist wahr, nicht Jedermann ist sicher,
Ich bin der Sklav Dschelaleddin's des Großwesires. 3

1 Die Peri's, die Urbilder unserer Feen.

2 Mani, der Lehrer der Manichäer, die sich unter vielfältigen Namen vom entferntesten Osten Asiens bis an den äußersten Weste Europas ausbreiteten. Nach der orientalischen Sage begründete er die Göttlichkeit seiner Sendung durch Kunstwerke der Malerkunst, wie Mahommed durch das höchste Kunstwerk arabischer Dichtkunst den Koran. Nur durch den Genius verkündigt sich das Göttliche, sey es in Worten, sey es in Bildern. Erteng Mani das heilige Gemäldebuch Mani's ist den Manichäern, was der Pentateuchus dem Indier, das Evangelium den Christen, der Koran den Mahommedanern.

3 Dschelaleddin, der Name des Wesirs und Gönners des Dichters.



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