Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XXX. (30)

Das Aug' will ich in's Meer verwandeln,
Auf Felder die Geduld hinwerfen,
Und unter solchen Dingen will ich
Mein Herz in's Meer hinunterwerfen.

Ich will aus meinem sünd'gen Herzen
Solch einen starken Seufzer stoßen,
Daß es mir soll ein Leichtes werden
In Adams Reue Gluth zu werfen.

Es hat genug von seinen Pfeilen
Der Himmel auf mich abgedrückt,
Nun will ich einmal meine Pfeile
Bis an des Schützen Gürtel werfen.

O Schenke reiche uns den Becher,
Den Hefen auf den Tisch zu schütten,
Laß uns der Saiten Lustgeklingel
Bis an den Dom des Himmels werfen.

Das Kapital der Freuden lieget
Im Aufenthalte meine Freundinn.
Wir trachten nun aus allen Kräften
Uns selbst an diesen Ort zu werfen.

O Vollmond mit der Strahlenmithra,
O löse auf den Busengürtel,
Wir wollen uns gleich deinen Locken
Aus Lust zu deinen Füßen werfen.

Hafis! Du weißt es ist ein Fehler
Auf künft'ge Tage zu vertrauen,
O! sag', weßwegen wir dann sollen
Die Lust von Heut auf Morgen werfen. 1

1 Der Vollmond mit der Strahlenmithra oder wörtlich mit der Sonnenhaube ist die Geliebte. Bendikaba ist das Achselband, womit das Oberkleid unter den Achseln, wo weder Knöpfe noch Knopflöcher angebracht sind, zusammengehalten wird. Sulf ist das lange Haar, das bis an die Fersen herabrollt aus Begierde den schönen Körper zu umfangen. Eben so will sich Hafis zu den Füßen der Geliebten werfen, wenn sie den Busengürtel gelöset, und ihm die ganze Herrlichkeit ihres schönen Körpers Preis gegeben haben wird. Sudi bemerkt hiebei, aus diesen und anderen ähnlichen Versen persischer Dichter erhelle, daß das Wort Sulf blos von langen Locken gebraucht werde.


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