Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XXXII. (32)

Gestern hat mir dein schmachtendes Auge die Seele geraubet,
Doch der Lippen Reiz gab sie mir wieder zurück.

Nicht seit heute bin ich in den Moschus des Bartes verliebet, 1
Lange berauschte ich schon mich aus des Nuemonds Pokal.

Meiner Festigkeit kömmt ein einziger Umstand zu Guten, 2
Daß ich nie in dem Gau hinter dem Fuße herlief. 3

O erwarte kein Heil, von mir, der die Schenken besuchet,
Denn seitdem ich bin, dien' ich den Trunkenen stets.

Tausend Gefahren des Untergangs hat die Straße der Liebe,
Glaube nicht, daß der Tod dich schon von allen befreyt.

Ha! was kümmern mich wohl die Bogen und Pfeile der Neider,
Da mich der Hochaltar meines Geliebten empfängt.

Mit der geplünderten Brust ist der Krieger von hinnen gegangen,
Weh! o wehe mir, wenn sich der Schah nicht erbarmt!

In den Himmel erhöht die Wissenschaft zwar Hafisen,
Aber die Liebe zu dir hat ihn erniedrigt zu Staub.

1 Das Gesicht des Geliebten wird hier zu gleicher Zeit einem Neumond und einem Becher verglichen. Der junge Moschusbart formt den Kopf des ersten und den Rand des zweiten.

2 Was mich in meinem Unglück tröstet, ist meine Beständigkeit, daß ich nämlich ungeachtet deiner Strenge fest auf meiner Stelle verharrte, und nicht aus Verzweiflung davon lief.

3 Daß ich ihm nie als ein rasender Verliebter nachlief.



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