Aus: Der Buchstabe Mim
LXI. (61)
Sey willkommen, o glücklicher Vogel,
Gesegneter Bothe!
Welche Kunde vom Freunde vom Guten?
Wo führet sein Weg hin?
Herr! Du leite der Reisenden Heerzug
Durch ewige Güte;
Sie verstricken die Feinde in Schlingen,
Sie beglücken Verliebte.
Was sich alles mit mir und dem Liebling
Hat Verschiednes ereignet,
Hat kein Ende, denn leider! gebrichts hier
So am Ausgang wie Anfang.
Wenn der Liebling befiehlt, aus den Locken
Feuergürtel zu machen,
Dann, o Meister! ist's uns nicht erlaubet,
Ordenskleider zu tragen.
Jüngst noch prahlte der Vogel des Geistes
Mit dem Lebensbaum Sidra,
Sieh da hat ihn das Körnlein des Maales
In die Schlingen gelocket. 1
Allzu üppig erscheinen die Rosen,
Zeig' die Hülle des Geistes!
Wohl bewegen sich schwankend Cypressen,
Doch nicht lieblich, o Wandler!
Sage, ziemt es dem blutigen Auge
Ziemt es ihm wohl zu schlafen?
Kann derjenige schlafen, der siechend
Stets in Todesgefahr liegt.
Du zeigst leider! mir Elenden keine
Huld, keine Erbarmung
Dieses ist vorüber, ich klage,
So bist du und die Zeiten.
Wenn Hafis zu den Brauen sich hinneigt,
Ist's nicht anders als billig,
Denn es machen die Künstler der Rede
Hochaltäre aus selben. 2
1 Jüngst noch wähnte sich mein
Geist ganz über alle Sinnlichkeit erhoben in die
höheren Regionen des Paradieses, wo der Baum Sidra
blühet, verzücket, sieh da lockte ihn das Korn deines
Schönheitsmaals auf die Erde zurück.
2 Die
Dichter vergleichen die Brauen des Geliebten mit der
gewölbten Nische der Hochaltäre.
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