Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

XX. (20)

Geh zu deinem Geschäft, o Prediger, lasse das Lärmen,
Mein verirrtes Herz, sage, was geht es dich an!

Jene Mitte des Leibs, die Gott aus nichts hat erschaffen,
Ist ein kitzlicher Punkt, keinem zu lösen verliehn. 1

Nicht acht Himmel bedürfen in deinem Dorfe die Bettler. 2
Sklaven deines Haars, sind die Gefreyten der Welt.

Zwar durch den Rausch der Liebe bin ich schon gänzlich zerstöret,
Aber mein Daseyn blüht aus der Zerstörung hervor.

Jammre nicht Herz, und klage nicht über die Härte der Freundinn,
Was sie dir zuerkannt, Alles ist billig und recht.

Bis ich nicht meinen Wunsch an ihren Lippen erreiche,
Ist der Rath der Welt meinem Gehör wie Wind.

Gehe Hafis, und lies nicht Zauberformeln und Wünsche,
Aehnliche Zauberein kennt zur Genüge mein Herz.

1 Das Liebchen hat eine Taille, fein wie ein Punkt um die Mitte des Leibes, den der Gürtel umschließt, den Gürtel zu lösen, ist ein kitzlicher Punkt.

2 Die Mohammedaner haben die ursprügliche Siebenzahl der Paradiese blos deshalb in Acht verwandelt, um zu zeigen, daß Gottes Barmherzigkeit größer sey, als seine strafende Gerechtigkeit, denn da es sieben Höllen giebt, so meinen sie, daß es wenigstens acht Himmel geben müsse. Uebrigens liegen diesen acht Himmeln vielleicht auch die acht Seligkeiten der christlichen Lehre zum Grunde.



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