Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

LXVI. (66)

Ich habe dein Gesicht
Vor die Fabrik des Augs gezogen.
Ich sah und hörte nur
Von einem Bilde, das dir gleichet.

Auf Herrschaft hoffte ich,
Ich opferte mich deinem Dienste,
Ich wünschte mir ein Reich,
Und wählte dich zu meinem Herren.

Wiewohl ich mit dem Nord
In gleichem Flügelschritte gehe,
So konnt' ich doch noch nicht
Zur Zeder deines Wuchses kommen.

In deiner Locken Nacht
That ich Verzicht auf Lebenstage,
Im Kreise deines Munds
Vergaß ich meines Herzens Wünsche.

Fürwahr es ist die Schuld
Des schwarzen Aug's und schönen Nacken,
Daß ich wie Rehe scheu
Mich vor dem Menschen fürcht' und flüchte.

Wie viel vergoß ich nicht
Aus Sehnsucht deines Auges Thränen!
Wie viel Liebkosungen
Erkauft' ich nicht von deinen Lippen.

Mit wie viel Pfeilen hast
Du nicht mein Wundes Herz durchschoßen?
Wie viele Lasten Gram
Hab' ich in deinem Gau geschleppet?

Bring' mir, o Morgenwind,
Ein Stäubchen von dem Gau der Freundinn,
Ich rieche dort den Duft
Des Blutdurchströmten wunden Herzens.

Ein Duft aus ihrem Gau
Gieng über mich wie über Knospen,
Und dieser Duft zerriß
Des armen Herzens Hülle.

Beim Fußstaub schwör' ich's dir,
Und bei dem Augenlicht Hafisens,
Daß ohne Wangen Glanz
Des Auges Lampe mir nicht strahlet.

 

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