Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe He

V. (5)

Von deinem Wangenglanz entlehnt
Des Auges Fackel Licht.
Ein Auge wie dein trunknes Aug
Hat nie die Welt geseh'n.

Ein Liebchen, das vom Kopf zum Fuß
Voll Anmuth ist wie du,
Ward nie erzeuget von der Welt,
Erschaffen nie von Gott.

Vom trunknen Auge, und den Brau'n
Sind Liebende verfolgt,
Denn jenes liegt im Hinterhalt,
Und diese schießen los.

Wie lange noch wird hingestreckt
Vom grünen Pfeil der Brau'n
Mein Herzenstäubchen halb entseelt
Gewälzt in Blut und Staub.

Von meines Herzens Gluthen steigt
Der Rauch mir in den Kopf,
Wie lang werd' ich wie Aloe
Noch schmelzen in der Gluth?

Wenn sich mein unbezähmtes Glück
Mir endlich unterwirft,
So wird mir noch von jenem Mund
Erfüllt des Herzens Wunsch.

Wenn in die Wangen deine Brau'n
Verliebt nicht sind wie ich,
Warum sind sie denn so gekrümmt
In Bogen wie mein Wuchs?

Legst du den Mund auf meinen Mund,
So strömt mir Leben zu,
Im Augenblicke, da mein Geist
Auf meine Lippen kommt.

Wie lange noch verlassest du
Mein Herz gleich deinem Haar,
Wie lange noch verwirrst du es,
O du mein Augenlicht!

Mein Herz zerrang in tausend Pein
Sich mit dem Trennungsdorn,
Und pflückte doch von dem Genuß
Nicht eine Rose ab.

Mein ganzer Reichthum ist mein Lied,
Wenn es dir wohlgefällt,
So schreib' Hafisens Perlen all'
Zusammen in ein Buch.

Ergreifest du nicht meine Hand,
So klag' ich dem Wesir,
Dem Liebenden hast du geraubt
Durch einen Blick das Herz.


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