Aus: Der Buchstabe He
VIII. (8)
Er schleppte nach die Schleppe
Vom goldgestickten Hemd, 1
Und hundert Mondgesichter
Zerrissen ihr Gewand.
Der Schweiß trof auf die Wangen
Von heißer Gluth des Weins,
Wie auf die Rosenblätter
Ein Tropfe frischen Thaus.
Voll süßer schöner Worte,
Hochstämmig und gewandt,
Vom lieblichen Gesichte
Und anmuthsvollem Blick.
Es war aus Lebenswasser
Geformt des Munds Rubin,
Sein Buchs war aufgewachsen,
Genährt mit Schmeichelei'n.
O schaue die Rubinen
Und dieses Lächelns Reiz,
Den Gang voll Huld und Anmuth,
Den wohlgemeßnen Schritt.
Der Hirsch mit schwarzen Augen
Entkam aus unsrem Netz,
Was ist zu thun, o Freunde,
Für ein zerschlagnes Herz!
Hüt' dich, bist du's im Stande,
Rühr' Liebende nicht an,
Die Welt hat keine Treue,
O du mein Augenlicht!
Wie lang schilt mich dein Auge,
Das alle trüget, aus?
Wann wirst du mir dann schmeicheln,
Mein auserwählter Freund?
Hat deine edle Seele
Beleidiget Hafis,
So komm', denn That und Worte
Will herzlich ich bereun.
Ich will den Herren loben
Aus schuld'ger Dankbarkeit,
Wenn diese Frucht gereifet
In meine Hände fällt.
1 Scherb ist eine der
feinsten Arten von Baumwolle, Kotan (Cotton)
woraus Hemden und Socken gemacht werden, die dann eben so
heißen. Knaben und Mädchen tragen den Kragen mit Gold
gestickt, und ein solches Hemde versteht Hafis unter der scherbi
ser keschide.
Mewlana Moßlicheddin aus Lor äußert sich bei
Gelegenheit dieses Verses, daß diese Art von Hemden oder
Kleidern unter die verbotenen gehören.
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