Aus: Der Buchstabe Ta
XXXII. (32)
Dieses seelenverbrennende Licht, von wo ist es?
Es hat mein Herz verbrannt,
Fraget seine Geliebte:
Wer ist es?
Meines Herzens und Glaubens Gebäu ist zerstöret.
Wer wird von Ihr umarmt?
Und Ihr Zimmergenoße
Wer ist es?
Ihrer Lippen Rubinengetränk sey nie ferne!
Ihr Wein, wem giebt er Geist?
Welchem reicht Sie den Becher?
Wer ist es?
Schauet, Jeglichem winket der Reiz der Geliebten,
Allein Ihr zartes Herz,
Wer umstricket dasselbe?
Wer ist es?
Jenes Mondengesicht mit der Stirne des Hespers,
Wessen Schahes Sohn?
Wessen einzige Perle
Wohl ist es?
Fragt, o fraget doch Winde, wem wurde der Umgang
Mit diesem hellen Licht
Zugesaget vom Himmel?
Wer ist es? 1
Wehe! Wehe dem närrischen herzen Hafisens!
Mit Lächeln sprach Sie: Wer
Hat es gemacht zum Narren?
Wer ist es?
1 Im Persischen ist hier ein
unübersetzbares Wortspiel, das aber der unbekannten
Bedeutung willen, in welcher hier das Wort pervane,
sonst ein Schmetterling, genommen ist, eine Bemerkung
verdient.
Pervane heißt auch ein Kaiserliches Handbillet chatti
humajun, und Pervanedschi war am persischen
Hofe ein besonderes Amt, das in der Zustellung dieser
Handbillete bestand. Wem, sagt Hafis, ward vom Schreiber
des Looses das Glück des Umgangs von Ewigkeit her
zugeschrieben? Weil aber Pervane gewöhnlich
Schmetterling heißt, so entsteht daraus ein Wortspiel
mit dem Licht.
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