Aus: Der Buchstabe Ja
XL. (40)
Seit meine Suleima nach Irack gewandert, 1
Find' ich in ihrer Liebe Schmerz.
O Führer des Weges zur Wohnung der Freundinn,
Wie gern bestieg ich deinen Gaul!
Mein Innres ist blutig von Freunden entfernt,
Die Trennungsstunde geh' zu Grund!
Beleb' den Verstand, und betrink dich mit Weine
Beim Saitenton, nach Iraks Art.
O Lieblicher! Spiele zum persischen Lied'
Die Weisen von Iraks Gesang.
Die Töne der Laute, das Händegewühle
Erinnern an die Jugend mich.
O gieb mir den übrigen Wein, daß betrunken
Den Freunden ich mein Leben weih'!
Gieb mir, o Schenke, den schweresten Becher,
Gott tränke dich aus vollem Glas!
O sey mit den Freunden verträglich und einig,
Benütze die Gelegenheit,
Es grünet der Frühling auf Eueren Weiden,
Beschütze, Herr, Genusseszeit!
Vorbei ist schon lange die Zeit des Genusses,
Ich schwimme jetzt im Trennungsquell.
So schön bist du, Tochter der Rebe, so bist du
Die Ehescheidung doch oft werth.
Mit Sonnen ein Bündniß zu schließen, geziemet
Dem Herren Jesus nur allein.
Das Alter verbietet mir Schöne zu lieben,
Verbeut Umarmungen und Kuß.
Es folget die Thräne des Aug's mir oft rückwärts,
Verschmäht sie nicht, sie ist ein Meer,
Es ist noch mein Schicksal zu freu'n mich der Freunde,
Hafis! nach Iraks Weise sing'.
1 Suleima ist derselbe Name
mit Selma, nur in der Verkleinerungsform. Suleima
ist also eigentlich eine kleine Selma; was bisher wohl
keinem der occidentalisch-orientalischen Romanschreiber,
die mit diesem Namen ihre Werke so reichlich
ausstaffiren, geträumet hat. Unter Irack wird
hier das Persische verstanden, dessen Hauptstadt Isvahan
ist, wie Bagdad die Hauptstadt des Arabischen. Die
Wurzelbedeutung von Irack ist eigentlich eine Grube, ein
tiefgelegener Ort.
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