Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ja

LXV. (65)

Wer bringt dem Schah von mir dem Bettler Kunde?
Zweitausend Dscheme geh'n bei uns auf ein Glas Wein. 1

Wiewohl ich Hab' und Ruf verlor nähr' ich noch Hoffnung,
Durch meiner Freunde Hülf' zu gutem Ruf' zu kommen.

Schau auf mein Herz, o du, der mit Chemie dich prahlest,
Von Kapital entblöst hab' ich das Netz gespannt.

O lock' mich Scheich nicht mit Betkorallen,
Ein schlauer Vogel wird nicht in das Netz gelocket.

Ihr Tugendhaften geht, denn weg ist meine Tugend,
Ich schlürfte lautern Wein, verlor den guten Namen.

Es wundert mich gar sehr von des Geliebten Treue,
Daß er sich nicht erkundigte durch Brief' und Grüße.

Ich sehne mich nach deinem Dienst; verkauf' mich nicht,
Denn nimmer findest du so einen treuen Diener.

Wem soll ich klagen, wem soll dieses ich erzählen?
Mein Leben ist der Mund, doch ist es ohne Dauer.

Bei ungegohrnem Wein, und ganz durchgohrnem Freunde 2
Ist jener lieber mir um tausendmal als dieser.

O mach' die Wimpern auf, vergieß das Blut Hafisens!
An solchen Mördern hat noch Niemand sich gerächet.

1 Zweihundert Fürsten wie Dschem, der größte der alten persischen Könige sind kein Glas Wein werth.

2 Roher Wein und gekochte Freunde. Im Persischen heißt der Wein, der nicht ganz ausgegohren hat, roh, und wenn er ausgegohren hat, gekocht. Ein ungegohrener Freund, das ist ein junger Wildling ist Hafisen lieber, als ein gekochter oder zuviel abgeschliffener. Deßwegen zieht er tausend solchen ein Glas ungegohrenen Weines vor.



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