Aus: Der Buchstabe Ja
LXXVII. (77)
Der du aus finsterer Nacht so freundlich mein Schicksal
belächelst,
Sage, was will der Hof dort um den leuchtenden Mond?
Deines Genusses Traum hat mich so lange betrogen,
Wie viel Gestalten nimmt noch dein Zauberbild an!
Blutigen Herzens bin ich durch sein betrunkenes Auge,
In der Liebe folgt Wunder auf Wunder sich nach.
Blutig sind Herz und Aug', und Körper und Seele
vertrocknet,
Dieses kommet mir, jenes der Liebe zu Schuld,
Bin ich gleich schwarz im Weltenbuche gezeichnet, gieb
Wein her!
Wer verzweifelt wohl je an der ewigen Huld!
Schenke bringe das Glas, entreiß' mich dem einsamen
Leben,
Daß ich von Thüren zu Thür' luftig geschürzet
herumgeh'.
Billig fand's die Geliebte, mit meinem Blute zu spielen,
Molla's saget, was ist Inhalt des Liebefetwa?
Reiter, zu was bedarfst du wohl Begleiter und Führer,
Findest du einen aus Redschd, gieb ihm Kunde von
mir. 1
Nimmer ruhet mein Aug' aus Sehnsucht nach Redschedens
Gebirgen,
Und mein trübes Herz kämpfet mit großer Beschwerd'.
Gott! dir gehöret die Wüste, worinn die Geliebte sich
aufhält,
Einer Gaselle Blick hat die Gemüther verwirrt.
Bist du weise und schlau, so thue Verzicht auf vier
Dinge,
Nämlich auf Ruhe und Wein, Liebchen und Einsamkeit
auch.
Keine einzigen Augenblick ist das Schicksal beständig,
Klag' nicht, Hafis, dafür wollen wir trinken jetzt Wein.
Rein ist das Glas des Gemüths zur Zeit Aßafes,
des Weisen,
Auf und schenke mir ein von dem lautersten Wein!
Weit hat sich vergrößert der König durch Herrschaft
und Reichthum,
Ewig daure, o Herr, ewig die Größe und Macht.
Sieh' es sitzet hoch auf dem Polster des Glückes des
Reiches,
Königen, Völkern ein Licht, Abunaßr voll Glanz.
2
1 Redschd der gebirgichte
Theil Arabiens, hier wird Schiras gemeint.
2 Abunaßr
Zuname des Wesirs.
|