Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ja

LXXIX. (79)

Bei der Seele! deren Großmuth
Meiner Seele Helfer wäre,
Schwör' ich, daß die kleine Gab'
Ihrer Sklaven unwerth wäre.

Wenn mein Herz an ihre Locken
Fest nicht angebunden wäre,
Wüßt' ich nicht, wie ich beständig
Hier auf dieser Staubbahn wäre.

Bei den Wangen! deren Schimmer
Alle Himmel überstrahlet,
Ach! daß doch mein Herz ein Stäubchen
Dieser Weltensonne wäre!

Dann nur würde man erkennen
Ganz den Werth des Staub's der Füße,
Wenn derselbe für das ew'ge
Leben hingegeben wäre.

Wenn ich sie im Traume sehe,
Kann ich sie doch nicht genießen,
Da mir dieses nicht geworden,
Wollt' ich, daß es jenes wäre.

Längstens hätte die Cypresse
Ihren hohen Wuchs verkündigt;
Wenn sie, wie der Lilie Zunge,
Im Besitz von Sprachen wäre.

Dem Hafis den Klageschleier 1
Zu entreißen wäre möglich,
Wenn er nicht in trautem Umgang
Mit des Morgens Sänger wäre.

1 Es wäre möglich, Hafisen um sein elegisches Talent zu bringen, und ihn dessen zu entwöhnen, wenn er nicht stets in trautem Umgang mit der Nachtigall lebte.


zurück