Aus: Der Buchstabe Ta
XLII. (42)
O Morgenwind, der Freundin Ruheplatz wo ist er?
Der Wohnort dieses seltnen Monds,
Der die Verliebten mordet,
Wo ist er?
Die Nacht ist finster, vor uns liegt das Thal der Ruhe,
Wo ist das Feuer Sinais? 1
Wo ist der verheißne Anblick?
Wo ist er?
Wer auf die Welt kömmt, trägt in sich Zerstörung,
Verstöret schauet er umher,
Und fragt, wo ist der Weise?
Wo ist er? 2
Wer Liebe kundig ist, darf gute Kunde bringen,
Denn der Geheimnisse sind viel,
Wem wurden sie vertraut?
Wo ist er?
Mit jeder Spitze deines Haars hab' ich viel tausend
Geschäfte abzuthun, ha! wo
Bin ich? wo ist der Lästrer?
Wo ist er?
O bind mit deinem Haare den Verstand, er raset.
In einem Winkel sitzt mein Herz,
Wo ist der Brauen Bogen?
Wo ist er?
Bereitet sind der Wein, die Sänger und die Rosen,
Doch ohne den Geliebten wird
Kein Freudenfest bereitet.
Wo ist er?
Ich bin der Zelle und des Scheichs längst überdrüßig,
Wo ist der Christenknab' mein Freund?
Wo ist der Ort des Weines?
Wo ist er?
Des Herbstwinds zürne nicht, vernünftig sollst du
denken,
Hafis, wo ist der Rosenstrauch
Der keine Dornen hat?
Wo ist er?
1 Unter dem Feuer des Berges Sinai
wird hier der Abglanz der Wangen verstanden.
2 In
dieser und der folgenden Strophe ist das persische
Wortspiel zwischen charab und charabat, ischaret
und bescharet durch Zerstörung und Verstörung,
kundig und Kunde nachgeahmt.
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