Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

XXXIII. (33)

Es ist zwar unverschämt, mit Tugenden
Sich vor dem Freunde zu prahlen,
O Zunge schweig! Wiewohl du von
Reinem Arabischen strömst.

Des Angesichts Peri hat sich verstecket,
Aber der Dive des Auges
Hat mit des Staunens Flammen mich verbrannt.
Ey wie das wunderbar ist!

Du frage nicht, warum des Himmels Kreis
Niedrige Seelen begünstigt?
Gerade Mangel des Verdienstes ist
Ihm der genügende Grund.

Fürwahr! Noch keiner brach auf dieser Flur
Ohne die Dornen die Rose,
Und in die Lampen des Propheten sprühen
Die Funken des Ebileheb. 1

Ich kauf nicht um ein halbes Gerstenkorn
Kloster und Stiftsgebäu,
Der Schenke Bank ist meines Dom's Gewölb,
Meine Behausung das Glas.

In unsrem Augenlichte glänzet hell
Tochter der Rebe! Dein Reiz
Bald hüllt des Glases Schleierkleid,
Bald Beerengewebe dich ein.

Wenn du für deinen Gram ein Mittel suchst,
Such', was die Herzen erfreuet.
Du findest es in Flaschen voll Wein,
Und in sinesischen Glas.

Mein Meister! War ich eh' nicht an Verstand,
Nicht eh' an Tugenden reich?
Jetzt aber, da ich ganz betrunken bin,
Lieb' ich den Mangel von Schaam.

Den Wein bring her! Denn dieses Eine ist,
Welches Hafis sich erflehet,
Wenn er des Morgens lange Klage weinet,
Wenn er um Mitternacht fleht.

 

1 Ebileheb einer der heftigsten und gefährlichsten Feinde Mohammeds.


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