Aus: Der Buchstabe Ta
XLVI. (46)
Der Gram ob der Geliebten hat die Brust verbrannt,
Das Feuer hat im Haus mein Kämmerlein verbrannt,
Mein Leib ist durch die Gluth der Trennung ganz
zerschmelzt;
Die Seele ist durch ihrer Wangen Gluth verbrannt.
Wer je gesehen hat die Bande ihrers Haars,
Ward aus Begier zum Thoren wie mein Herz gebrannt.
O schau die Brust! die Gluth der Thränen meines Augs
Hat wie den Schmetterling aus Liebe mich verbrannt.
Mich wunderts nicht, daß Freunde meinethalben
entglühen;
Denn Fremde sind, als ich von Sinnen kam, entbrannt.
Das Kleid der Eingezogenheit trug fort der Rausch,
Und des Verstandes Haus ward von dem Glas verbrannt.
Der Stein der Reue schlug des Herzens Glas entzwey;
Es kocht wie Wein, und ist wie's Wirthshaus abgebrannt.
Laß das Vergangne, komm zurück, mein Auge hat 1
Die alten Kleider ausgezogen und verbrannt.
Hafis laß diese Kosereien, trinke Wein!
Durch Kosen ist die Kerze, da ich schlief, verbrannt.
1 Um dieses kühne Bild ganz zu
fassen, ist es nothwendig zu wissen, daß im Persischen
der Augapfel merdümi tscheschm, d.i. der Augenmann
oder Augenmensch heißt, als ob im Auge der ganze
Mensch sich darstellte. Nun sagt Hafis: mein Augenmensch
hat die alten Kleider ausgezogen und verbrannt, statt ich
habe den alten Menschen ausgezogen. Wo die Perser
einen Mann sehen, dort der Grieche ein Mädchen,
der Engländer nichts, als eine Kugel, der Franzose
eine Pflaume und der Deutsche einen Apfel.
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