Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

LXXXV. (85)

Freuden und Wonne verleiht
Der Blick des Wirthes.
Köstlich ist Wasser und Luft
Im Hain' der Schenke.

Sehet, Ihm huldigt der Kopf
Verehrter Männer,
Mehr zu erklären allhier,
Wär' Unverschämtheit.

Sagen von Eden, und von
Dem himmlischen Hause
Legen den Schimmer uns aus
Vom Licht des Weines. 1

Mein durchwürztes Gemüth
Sieht Weinrubinen,
Aber den Geizhals verlangt
Nach Gold und Silber.

Jedermanns Stirne beschrieb
Des Looses Feder,
So ward uns Himmel und Höll'
Und Schenk' und Kaba. 2

Schlangen verwahren den Schatz,
O laß die Fabeln.
Selbst Mohammeden gebrichts
Nicht an Leheben. 3

Größe des Geists ist fürwahr
Die reine Perle,
Aber sie ist von Natur
Und nicht erworben.

Unter der Leitung von Gott
Auf diesem Pfade,
Wallt Hafisens Gemüth,
Bey Nacht und Tage.

 

1 Alles, was uns von dem Paradiese und von dem himmlischen Tabernakel, der den Thron Gottes umschließt, erzählet wird, sind bloße Mythen, die man erfunden hat, um den Glanz des Weines und das Vergnügen der Schenke zu versinnlichen.

2 Auf der Stirne stehts uns von Ewigkeit her geschrieben, ob wir in den Himmel oder in die Hölle, in die Schenke oder in die Kaaba eingehen sollen.

3 Selbst die Propheten sind nicht ohne Gegner und Neider. So hatte Mohammed wider Abdul Lehebs Ränke und Verläumdungen zu kämpfen. Abn Leheb, d.i. der Vater der Flamme, der Oheim Mohammeds, war ihm als Feind um so mehr gefährlich, als er unter die Häupter seiner eigenen Familie gehörte. Diese größere Bedeutsamkeit zog ihm auch die Ehre einer besonderen, im Koran ausgesprochenen Verdammung zu. Die IIIte Sura, welche seinen Namen trägt, besteht aus folgenden Versen:
Verdorrt sind die Hände Abulehebs, zu Grunde gieng er, der Stolze,
Sein Reichthum kam ihm nimmer zu Guten,
Er steigt hinunter in die flammenden Gluthen,
Ihm folgt sein Weib beladen mit Holze,
Um den Hals einen Strick aus Palmenruthen.


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