Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

X. (10)

Freunde! Die Tochter der Rebe hat Buße gethan, 1
Und ihr Geschäft mit dem Wissen des Wächters gethan;

Reinigt die Tochter der Rebe von tropfendem Schweiß,
Saget den Trinkern, es ist nicht mit Schwärmen gethan.

Jetzt sind die Tage zu denken an ihren Genuß,
Lange genug hat sie einsam die Stunden verthan;

Freudige Kunde mein Herz! denn der Sänger der Lust
Hat mit dem Liede die Räusche bei Seiten gethan;

Wundert Euch nicht, daß ihr Odem die Herzen entknospt,
Hat nicht die Nachtigall schön mit den Rosen gethan?

Siebenmal Wasser, und hundertmal Feuer verzehr't 2
Doch nicht das Maal, so der Wein in die Kutten gethan.

Gieb nicht Hafis aus den Händen die Demuth, es hat
Ehre und Glauben, und Güter der Neider verthan.

 

1 Dochteri res, die Tochter der Rebe, im Persischen wie im Deutschen, der Wein; die Veranlassung zu diesem Freyheitshymnus des Bachus gab das aufgehobene strenge Verbot des Weintrinkens: das unter der Vormundschaft der Fürstin Dilschadchatun,  aus der Dynastie Ilchan, bestanden hatte. Weintrinken wurde damals mit dem Tode bestraft. Unter ihren Söhnen, die alle große Freunde des Wohllebens und des Genusses waren, gieng es ganz anders, besonders unter der Regierung des Schach Schedschaa, eines der fröhlichsten und nachsichtigsten Fürsten, dessen Lob daher an mehr, als einer Stelle dieses Divans wiederkehrt.

2 Siebenmal, die Zahl mystischer Reinigungen.


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