Aus: Der Buchstabe Ta
XLVIII. (48)
Deine Schönheit hat die Welt
Ungefähr ergriffen;
Wahrlich nur durchs Ungefähr
Werden Welten ergriffen.
Seht die Kerze möchte gern
Vom Geheimniß plaudern,
Ihre Zunge, Dank sey Gott!
Haben Flammen ergriffen. 1
Von der Farbe meines Freundes
Wollten Rosen schwätzen,
Eifersüchtig hat der Ost
Seinen Odem ergriffen. 2
Von der tief verborgenen Gluth,
Die im Busen flammet,
Ist die Sonne nur ein Funke,
Den der Himmel ergriffen.
Ruhig saß ich an dem Rand
Wie des Zirkels Umkreis,
Sieh da hat als Mittelpunkt
Mich der Wirbel ergriffen.
Dazumal ward ich verbrannt
Aus Begier des Weines,
Als des Schenken Wangenschein
Mich wie Feuer ergriffen.
Gieng ich in das Haus des Wirths
Meine Aernte worfeln,
Wär ich von den Uebeln frey
Die zuletzt mich ergriffen.
Seht mit Anemonenblut
Steht auf Rosenblättern:
Wer vernünftig ist, er hat
Rothen Nektar ergriffen.
Reich' mir Wein im goldnen Glas
Morgenwein der Trinker,
Hat mit goldnem Schwerdt die Welt
Wie ein Kaiser ergriffen.
Da aus deinem Lied Hafis
Anmuthwasser träufelt
Sag' mir welcher Punkt darinn
Wird vom Neider ergriffen?
1 Die Kerze allein ist von unsern
Geheimnisse Zeuge. Sie hätte wohl Lust, aus der Schule
zu schwätzen. Ueber ihre Zunge, der Docht, wird (dem
Himmel sey Dank dafür) von der Flamme ihres Herzens, dem
Neide, verzehrt.
2 Die
Rosen wollten ihre Farbe mit den Wangen meines Geliebten
vergleichen. Dies hörte der Ostwind, und hielt den Odem
ein, aus Eifersucht, so daß die Rosen, von ihm nicht
mehr aufgehaucht, auf den Gedanken, mit ihrer Farbe zu
prahlen, Verzicht tun müssen.
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