Aus: Der Buchstabe Dal
XXI. (21)
Jene, die mit
einem Blick
Goldstaub aus dem Staube machen,
Kann es wohl geschehn, daß sie
Einen Blick auf mich her machen?
Beßer zugedeckt den Schmerz,
Als um einen Arzt zu schicken,
Denn man kann mir noch vielleicht
Ein geheimes Mittel machen.
Da das Heil nicht in dem Rausch
Nicht in Klausnerzellen lieget,
Ist das Beste, seinen Grund
Auf des Herrn Wort zu machen.
Sieh mein Liebchen, lüftet nicht
Von dem Angesicht den Schleier,
Daher kommts, daß sie von ihr
Allerhand Beschreibung machen.
Jeder thut nun, was er will,
Heimlich unter seiner Decke;
Hebt man einst die Decke auf,
Sag', was werden sie dann machen?
Wenn bei dem, was ich erzähl',
Steine selber Thränen weinen,
Wiß', ein Mann, der Herz hat, muß
Rührend die Erzählung machen.
Sey nicht ohne Wissenschaft,
Weil im Besestan der Liebe 1
Weise nur mit ihres Gleichen
Freundschaft und Bekanntschaft machen.
Trinke Wein, denn beßer ists,
Heimlich hundertmal zu singen,
Als einmal vor aller Welt
Eine Gleißnerey zu machen.
Ach! ich fürchte, daß in's Hemd,
Das mein Jusuf durchgewürzt,
Seine Brüder aufgebracht, 2
Einen Riß aus Neid mir machen.
Geh' der Schenke Thür vorüber,
Daß diejenigen, die trinken,
Ihre Zeit mit dem Gebet
Dir zum Heil und Nutzen machen.
Ob den Neidern rufe mich
Heimlich zu dir auf das Zimmer,
Weil die, welche Gutes thun,
Vieles ganz im Stillen machen.
Immerwährenden Genuß
Giebt es nicht, Hafis, auf Erden
Könige sind nicht gewohnt,
Bettlern Schmeichele'n zu machen.
1 Besestan, in Persien der mit
Mauern eingeschlossene Marktplatz, der gewöhnlich in Konstantinopel
Basar, in Syrien Kaißarije genannt wird. Drey verschiedene Namen
für dieselbe Sache, so wie die öffentlichen Absteigquartiere der
Karawanen in Persien Karawanserai, in Syrien und Aegypten Okal
und in der europäischen Türkei Chan heißen. Bes, Leinwand,
ist wohl die Wurzel von
bussoV,
wie umgekehrt das türkische Karbes vermuthlich von Carbasos
herkommt. Auch unsern Atlas und Taft danken wir den
Arabern und Persern, bey denen diese Benennungen einheimisch sind.
2 Eine Anspielung auf des ägyptischen
Josephs Hemd, das seine Brüder blutig und zerrissen dem Vater brachten,
um ihn vom Tode seines Lieblings zu überzeugen. Jakob erkannte es aus
dem Geruche für das seines geliebten Sohnes, daher heißt bei den
Morgenländern der Geruch oder die Würze des Hemdes von Joseph so viel
als eine Spur oder ein Wahrzeichen des Geliebten.
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