Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

LIX. (59)

Viel Jahre sind es, daß mein Buch
Für rothen Wein verpfändet ist,
Und daß der Schenke Ruhm und Glanz
Durch mein Gebet gestiegen ist.

O sieh, wie gut der alte Wirth,
Wie mild er sich erzeigt,
Indem, was Böses wir gethan,
Ein Schmuck in seinen Augen ist.

Auf! lustig! wascht die Bücher aus,
Wascht alle aus mit rothem Wein,
Ich hab' gesehen, daß das Loos
Nur Gram den weisen Herzen ist.

Gleich einem Zirkel sah ich, daß
Mein Herz sich umgedrehet hat,
Und daß es dann verwirrt im Kreis
Der Liebe fest gestanden ist.

Der Sänger hat von Liebesschmerz
Ein Lied so traurig angestimmt,
Daß allen Weisen in der Welt,
Von Wimpern Blut gefloßen ist.

Aus Freude bin ich aufgeblüht,
Der jungen Frühlingsrose gleich,
Als an dem Bach das Schattenbild
Der Ceder mein geworden ist.

Mein Herz! von Schönen fodre viel,
Wenn du auf Schönheit dich versteh'st,
Denn dieses hat ein Mann gesagt,
Der in der Welt erfahren ist.

Mein rosenfarber Alter gab
Den Blauen die Erlaubniß nicht, 1
Was Böses zu begeh'n, weil sonst
Das Auge gleich geschäftig ist.

Hafisens vielgewandtes Herz,
Ist wahrlich nicht dazu gemacht,
Daß es von dem, was Andere
Dir Böses thun, ein Wißer ist.

 

1 Die Herrn mit blauen Ordenskleidern. Die Scheihe und Derwische, welche Hafisens Pfeilen beständig zum Ziel dienen. Der rosenfarbe Alte war Mahmud, der Scheih des Ordens, zu welchem Hafis gehörte, und der ihn in die Geheimniße der Ascetik und des mystischen Lebens einweihte. Er war ein Schüler des Scheih Abdosselam, dieser des Scheihs Fachreddin Achmed, Sohn des Scheihs Rasbehan, der die Kutte von seinem Vater, dem Scheih Schattah erhalten hatte. Die Blauen sind hier den Rothen entgegengesetzt, als Betrachter den Genießern.


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