Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

CV. (105)

Wieder hat mich der Wein des Gebrauchs der Sinne beraubet,
Anfangs that er mir schön, später berauscht' er mich dann.

Tausendmal sey es gedankt dem edeln röthlichen Weine,
Daß ich durch ihn das Gelb' meines Gesichtes verlor, 1

Gerne liebkos't ich die Hand, die zuerst die Trauben gepflückt hat,
Glücklich wandle der Fuß, welcher die Trauben zertrat.

Eingeprägt ist der Stirne das Loos von den Händen des Schicksals,
Was das Schicksal schrieb, scheeret kein Messer hinweg.

Prahle mit Philosophie nicht viel! In der Stunde des Todes
Steht verwirrt und bestürzt selbst Aristoteles da.

Du betrage dich so in deinem Leben auf Erden,
Daß man bei'm Tode nicht sag': Ewig hin ist er nun todt.

Von dem Glase voll Weins wird Jeder berauscht mit der Einheit,
Der den lauteren Wein immerfort trinkt wie Hafis.

1 Gelbe Wangen, ein Zeichen von tiefem Gram und unglücklicher sich abhärmender Liebe, wogegen der Wein das sicherste Mittel.


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