Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

LV. (55)

Der Liebe Weg ist unbegränzt,
Die Seele wird dort aufgeopfert,
Sonst ist kein Mittel.

Erschreck' mich nicht mit der Vernunft,
Bring' Wein; denn nichts hat sie als Wächterin
Uns hier zu schaffen.

Wenn du dein Herz der Liebe giebst,
Ists gute Zeit und gute Dinge,
Brauchen nicht Rath erst.

Dein Auge frag' wer mich erschlug,
Mein süßes Kind! dies kömmt nicht meinem
Schicksal zu Schulden.

Wie für den Neumond brauchts für Sie
Ein scharfes Auge, denn nicht jeder
Schauet den Mondkreis. 1

Benütz' die Trunkenheit mit Klugheit,
Der Weg dazu ist, wie ein Schatz, nicht
Jeglichem offen.

Hafisens Thräne rührt dich nicht,
Bestaunenswürdig ist dein Herz, es
Weicht nicht dem Marmor.

1 Um den neuen Mond, der den Monat der Faste anfängt und beschließt, zu beobachten, werden auf erhabenen Orten besondere Beobachtungen angestellt. Aber es braucht gute Augen, um denselben, sobald er sichtbar ist, wahrzunehmen; so ist es auch nicht jedem gegönnt, deinen Neumond das ist deine Schönheitsform im Neulichte zu schauen.


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