Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XIX. (19)

Sieh! des Körpers Staub ist der Schleier des Seelengesichtes,
Selige, selige Zeit, flieget der Schleier empor!

Solch ein Käficht geziemt nicht einem lieblichen Sänger,
Richte nach Eden den Flug, du bist ein Vogel von dort.

Weßhalb ich kam, und wo ich gewesen, ist immer noch dunkel,
Wehe, wehe daß ich immer so unbesorgt war!

Wie ist's möglich, daß ich die Welt der Geister umkreise?
Ich bin im Körpernest immer ein Sklave des Maals.

Ich, der den Blick hinauf zu den Sitzen der Seligen richte,
Wähl' ich zum Vaterland dieses verwüstete Gau?

Weht vom Blute des Herzens der Duft des Moschus zu dir hin, 1
Wund're dich nicht, denn ich theil' auch mit dem Moschus den Schmerz.

Halte dem äußern nach mich nicht für gerad' wie die Kerze,
Inner des Hemdes steckt manches verborgene Maal.

Komm! o komm! und raube Hafisen sein eigenes Wesen,
Keiner höre von mir, wer ich denn eigentlich sey.

 

1 Wörtlich: denn ich leide auch mit der Blase von Chotan. Der beste Moschus kommt von diesem Lande; der Moschus ist nach Meinung der Orientalen nichts als geronnenes Blut, das nur mit Schmerzen abgesondert wird. Wundert Euch nicht, sagt der Dichter, wenn mein Herzensblut wie Moschus duftet, die Absonderung desselben geht mit nicht weniger Schmerzen von statten.


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