Aus: Der Buchstabe Mim
XXVIII. (28)
Freunde die
Tage der Rosen sind da,
Besser ist's sich zu erfreuen.
Höret so spricht der erfahrne Wirth,
Höret mit Seele die Worte:
Keiner erbarmet Anderer sich,
Zeiten der Freude verstreichen,
Wahrlich ich kenne nicht besseren Roth,
Kaufet Euch Wein für den Teppich.
Freude verspendet die Anmuth der Luft,
Sende o Herr uns ein Liebchen,
Send' uns ein Liebchen von dessen Gesicht
Rosigen Nektar wir trinken.
Höret! der Himmel was orgelt er auf? 1
Stiehlt er nicht ehrlichen Leuten?
Sollen wir dieses mit Schweigen ansehn,
Sollen hierob wir nicht schreyen?
Sehet! die Rose wie ist sie entflammt,
Wein ist uns nöthig zum Löschen.
Deßhalb entbrennen wir selber vor Lust,
Flammen empor vor Begierde.
Denn im Gedanken nur trinken wir Wein,
Schlürfen denselben aus Tulpen;
Ferne die Neider! denn ohne den Wein,
Ohne den Sänger behagt Nichts.
Welchem Vertrauten erzählst du Hafis,
Dieses erstaunliche Wunder,
Daß du wahrhaftig die Nachtigall bist,
Schweigend in Tagen der Rosen.
1 Der Himmel spielt die Orgel, um durch
seine Töne Leute von Verdienst einzuschläfern. Er spielt verführerische
Melodien von Glückseligkeit, womit er ehrliche Leute betrügt. Wie
sollten wir uns also über ein solches Leyerstückchen nicht beklagen.
|