Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Mim

XLVII. (47)

Wir haben hundertmal das Angesicht
Vor dir in Staub geleget,
Wir haben allen Trug und Gleisnerey
Vor dir beiseit geleget.

Den guten Namen von so manchem Jahr,
Und selbst von unsern Ahnen,
Wir haben ihn des Schenken Mondgesicht
Zu Liebe weggeleget.

Der hohen Schule Säulengang und Saal
Und allen Streit von Tugend,
Wir haben Alles auf den Liebesstand
Der Schönen hingeleget.

Wir legten keine allzugroße Last
Auf unser Herz, das schwach ist.
Wir haben, was wir treiben, was wir thun,
Nie auf ein Haar geleget.

Wir haben nicht mit unserm eignen Heer
Des Feindes Reich erobert,
Und unsrer Herrschaft Krone haben wir
Nicht selber abgeleget.

Wir haben diesen zwey Narzissen längst
Empfohlen unsre Seele,
Wir haben auf die süßen Zaubereien
Der Liebe Grund geleget.

Wir haben in der Hoffnung letzten Eck,
Gleich Sehern nach dem Monde,
Des Wunsches Sehrohr auf den Brückenbau
Der Brauen angeleget.

Wir haben unser ungeliebtes Haupt
Erfüllet von Begierde,
Und liebberauschet wie Narzissen hin
Auf's Knie zur Ruh geleget.

Hafis! bemühe Dich um Freund' und Sang,
Denn des Verstandes Summe
Ist alle auf das schöne lange Haar
Des Freundes angeleget.

Du sagtest: O Hafis! wo ist dein Herz,
Das sich so sehr empöret?
Wir haben's sorgsam in die Ringelein
Von jenem Haar geleget.


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