Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

LXXII. (72)

Der Türke mit dem Feengesicht 1
Der gestern von uns weggegangen,
Welch' einen Fehler hat er gesehn, 2
Daß er nach Chata fehlgegangen?

Seit dieses weltensehende Aug'
Von meinem Blicke sich entfernte,
Weiß Keiner, was vor meinem Gesicht
Für Bilder sind vorbeigegangen.

Der Rauch, der von den Gluthen der Brust
Am Abend gestern aufgestiegen,
Ist über den entzündeten Rauch
Der Kerze weit hinausgegangen.

Entfernet von des Freundes Gesicht
Vergießt die Quelle meines Auges,
Von Zeit zu Zeit den reißenden Strom,
Davon die Sündfluth ausgegangen.

Als mich der Krampf der Trennung befiel,
Sank auf der Stelle ich zusammen,
Zurückgeblieben bin ich mit Schmerz,
Nachdem der Arzt davon gegangen.

Es sprach mein Herz: zu seinem Genuß
Kann man wohl durch Gebet gelangen.
Seitdem ist meines Lebens Genuß
In Nichts, als im Gebet vergangen.

Als mich der Leibarzt gestern besucht',
Sprach er zu mir bedaurungsweise,
Dein Uebel ist, o Schade für dich!
Die Heilung längst vorbeigegangen.

O gehe zu Hafisens Besuch,
Erkund'ge dich nach seinem Wohlseyn,
Noch eher als die Kunde dir kommt,
Er sey aus dieser Welt gegangen.

1 Peris, die weiblichen Genien der morgenländische Fabelwelt die durch die Faires zu uns als Feen herüber gekommen sind, und vielleicht gar mit den Pieriden, verwandt seyn dürfen, wie die Huri's mit den Charitinnen. Die vielfache Zahl mit dem s ist eine den Deutschen ungewöhnliche; indessen scheint uns, daß die Peris besser klingen als die Perien, so wie die Huris besser als die Hurien, zumahl da die letzten in Gefahr laufen, nach der Analogie der Furien (ihrer Gegenfüßlerinnen) ausgesprochen zu werden. Jene sind die Nymphen des Paradieses, und diese der Hölle, die weiter nichts gemein haben, als die ewige und unverwüstbare Jungfräulichkeit.

2 Welche Schuld hat er an mir gefunden, daß er sogleich nach Chata seinem Vaterlande (dem Vaterlande der Schönen) zurückgegangen ist? Das Wortspiel zwischen Chata Chataja und Chata, ein Fehler, ist einigermaßen mit dem fehlgehen ausgedrückt.



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