Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

LXXVI. (76)

Mein Fürst, schön gehest du einher,
Zu deinen Füßen will ich sterben,
Mein Türke, schön bewegst du dich,
Vor deinem Wuchse will ich sterben.

Du sprichst: wann stirbst du denn vor mir?
Was willst du denn mit solcher Eile?
Sobald beschlossen ist mein Tod,
Werd' nach Beschluß vor dir ich sterben.

Betrunken bin ich und verliebt,
Wo ist der Abgott, wo der Schenke?
O sag' ihm doch: Er schwanke her, 1
Denn ihm zu Liebe will ich sterben.

Ihm, der seit langen Jahren her,
Durch Flucht und Trennung mich gekränket.
Ihm sage: schenk' mir einen Blick,
Vor deinem Auge will ich sterben.

Es sagte deines Munds Rubin:
Bald geb' ich Schmerz, bald wieder Heilung.
Ich sprach: ich sterb' von deinem Schmerz
Von deiner Heilung werd' ich sterben.

Dich wiegend gehst du schön einher,
Entfernet sey das böse Auge,
Ich nähr' im Kopf die Fantasie,
Zu deinen Füßen einst zu sterben.

Wenn auch kein Ort Hafisen bleibt,
Zu deinem himmlischen Genuße,
Ein jeder Ort von dir ist schön,
An jedem Orte will ich sterben.

1 Chiraman, chiraman ist das persische Wort, das diese langsame, schwankende, üppige Bewegung ausdrückt, die nur dem Morgenländer in der weiten Hülle seiner weichlichen Gewänder ansteht, und die der Europäer weder der Sache noch dem Namen nach kennt. Das französische Il s'en vadandinant giebt nur den Begriff der Nachlässigkeit und Haltungslosigkeit, aber nicht den der Anmuth und Grazie dieser Bewegung, welche die orientalischen Dichter mit dem Schwanken der Cypreße und dem Gange des Rebhuhns vergleichen.


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