Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Ta

LXXVIII. (78)

Der Schatten deines Bilds
Mir überall Geleitsmann ist,
Und deiner Locken Hauch
Der Seele angehauchet ist,

Daß jedem Läugner, der
Aus Blindheit Hohn der Liebe spricht,
Der Reiz des Angesichts,
Die klarste Widerlegung ist.

O siehe! was zu uns
Des Kinnes Apfel lächelnd spricht,
Mehr als ein Jusuf schon
In diesen Brunn gefallen ist.

Wenn des Verliebten Hand
Zu deinen Locken nicht gelang't,
So ist es, weil die Hand,
Zu kurz, sein Loos zerstöret ist.

Dem Hüter sag' am Thor,
Des innern heimlichen Gemach's:
"Vernimm, daß dieser ein
"Bewohner meines Staubes ist.

"Es weilt auf ihm der Blick
"Des unbefangenen Gemüth's,
"Wiewohl dem Scheine nach
"Er weit davon entfernet ist. 1

"Und klopfet an dem Thor'
"Hafis der Bettler, öffne selbes,
"Weil er seit manchem Jahr
"Nach meinem Mond begierig ist.

1 Dieser Vers sagt dasselbe, was der schöne Vers Dschami's, den der Übersetzer auf einer in Konstantinopel verfertigten türkischen Brieftasche gestickt besitzt:

Der Freund ist aus dem Aug', doch Tag und Nacht im Sinn,
Abwesend nach dem Schein, doch in der That zugegen.


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