Aus: Der Buchstabe Ta
LXXIX. (79)
Keinen Sorbet von ihren Lippen genoß ich,
Und Sie ist fortgegangen!
Niemals erblickt' ich die Wangen dem Vollmond gleich,
Und Sie ist fortgegangen!
Ist Sie vielleicht durch unsre Reden erzürnet,
Weil Sie den Fuß gehoben?
Ha! ich vermocht' zu ihrem Staub' nicht zu kommen,
Und Sie ist fortgegangen!
Hab' ich nicht oft genug die frommen Gebetlein
Singend herabgelesen,
Fatiha bald, bald andre Suren gebetet, 1
Und Sie ist fortgegangen!
Schmeichelnd versprach Sie, aus der inneren Kammer
Wolle Sie nie entfliehen,
Siehe zuletzt, wir glaubten ihrem Betruge,
Und Sie ist fortgegangen!
Meinen Genuß, wenn Ihr verlanget, so sprach Sie
Trennet Euch von Euch selber;
Selber vergaß ich mich in dieser Begierde,
Und Sie ist fortgegangen.
Schaukelnd und schwank erschien die Schönheit auf
Wiesen,
Aber im Rosenbeete
Mußte ich doch entbehren Ihres Genußes,
Und Sie ist fortgegangen.
Nächte hindurch hab' ich geklagt und geweinet,
Armer Hafis dir ähnlich,
Leider gelangt zu ihrem Abschied ich nimmer,
Denn Sie ist fortgegangen.
1 Fatiha, die erste Sure
des Korans, gleichsam das islamitische Vaterunser; denn
so wie auf unsern Gräbern die verstorbenen Christen um
ein Vaterunser für ihre Seele bitten, so bittet auf den
orientalischen Grabsteinen der begrabene Moslim um ein Fatiha
für seinen Geist. Das Fatiha hat sieben Verse,
wie das Vaterunser sieben Bitten.
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