Aus: Der Buchstabe Dal
VIII. (8)
Jetzt da auf den Wiesen Rosen 1
Aus dem Nichts in's Daseyn treten,
Und die Veilchen sich vor ihnen
Zur Anbetung niederwerfen,
Trink' ein Glas des Morgenweines,
Zu dem Ton der Duff und Leyer! 2
Küß' das Kinn des lieben Schenken,
Bei dem Ton der Flöt' und Laute.
In der Zeit der Rosen sitz' nicht
Ohne Wein und ohne Schönen.
Denn sie gehen schnell vorüber,
In dem Zeitraum einer Woche.
Sieh die Erd' ist wie der Himmel,
Durch gestirnte Würzeblumen,
Unter gutem Glücksgestirne
Klar, und aufgehellet worden.
Weck den Feuerdienst Sarduschten's, 3
In dem Garten auf zum Leben,
Jetzt da dorten Nimrods Feuer
Tulpen angezündet haben.
Aus der Hand von zarten Schönen,
Deren Odem Wunderhauch ist,
Trinke Wein und frag' mit nichten,
Um Themud's und Aad's Geschichten. 4
Lilien und Rosen machen
Aus der Welt ein ew'ges Leben,
Doch was nütz't es uns, die dennoch
Hier nicht ewig bleiben können.
Weil, wie Salomon, die Rose 5
Auf des Ostens Rücken reitet,
Und die Nachtigall des Morgens,
Wie einst David, Psalmen singet.
Fodre vollgefüllte Becher,
Trinke sie auf die Gesundheit
Des Mahmud Amadeddines
Rath's von Salomon dem Zweyten.
Such' Hafis in seinen Tagen
Deine Wünsche zu erreichen,
Denn der Schatten seiner Milde
Reichet bis zur Ewigkeit hin.
1 Eine der schönsten
Frühlingsoden Hafisens, dem Wesir Mahmud Amaddedin
zugeeignet.
2 Duff,
der onomatopoetische Namen der Halbtrommeln oder
sogenannten Tambours de basque, eines der ältesten
musikalischen Instrumente.
3 Du
bringe feurigen Wein her, jetzt da die Tulpen brennen. Serduscht
oder Zoroaster setzte den Feuerdienst ein, Nimrod
zündete den Feuerofen an, Abraham darin zu verbrennen.
4 Themud
und Aad, zwey im Grimm des göttlichen Zorns
vernichtete alte arabische Stämme.
5 Salomon
ritt auf dem Ostwind, so Rosenblätter, welche in der
Luft fliegen.
|