Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)


Aus: Der Buchstabe Dal

XVI. (16)

Fortgegangen ist der Freund,
Hat uns Verlornen nicht kund es gethan,
Hat nicht seines Freunds der Stadt,
Seiner Gefährten Erwähnung gethan.

Sieh', entweder hat mein Glück,
Sich von dem Wege der Liebe verirr't,
Oder von dem wahren Weg
Hat mein Geliebter den Absprung gethan.

Aufzuopfern stand ich da,
Ihm zu gefallen, wie Kerzen den Geist,
Aber Er hat, wie der Ost,
Mir im Vorbeygeh'n nicht freundlich gethan.

Zu mir selber sprach ich dann:
Ha! vielleicht wird er durch Thränen erweicht,
Aber auf den harten Stein
Haben die Thränen nicht Eindruck gethan.

Meinem Herzen hat der Schmerz
Schwingen und Fittiche gänzlich zerknickt,
Doch verliebte Thorheit wird
Nimmer aus meinem Gemüthe gethan.

Wer geseh'n hat dein Gesicht,
Küßet mit Freunden mein sehnendes Aug',
Denn mein Auge hat noch nichts
Ohne die reifste Betrachtung gethan.

Sieh! es wird Hafisens Kiel
Mit der gespaltenen Zunge gewiß, 1
Niemanden sich anvertraun,
Bis er Verzicht auf das Leben gethan.

1 Die Zunge der Feder ist zweispaltig, wie das Schwerdt zweischneidig. Zunge und Arm beherrschen die Welt durch Feder und Degen. Wer auf Weltherrschaft Anspruch macht, muß beider Meister seyn. Herr des Degens und der Feder, Sahibes – seif vel kalem.


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