Aus: Der Buchstabe Dal
XXII. (22)
Herrscher sind die Sklaven von deinen Narzißen,
Weise sind berauschet von deinen Rubinen, 1
Wie der Ostwind gehe vorbei bei den Veilchen, 2
Sieh, was deine Locken für Unheil gestiftet.
Dich verrieth der Ostwind, mich aber die Thränen,
Niemals bleibt versteckt das Geheimniß der Liebe.
Deine Rosenwangen besing' ich mit nichten,
Tausend Nachtigallen lobpreisen dieselben.
Gehst du deine doppelten Locken vorüber, 3
Sieh die Unbeständigen, welche dran haften.
Eden ist uns einstens zum Loose bestimmet,
Denn gewiß verdienen die Sünder Erbarmung.
Geh' zur Schenk' und röthe dein Angesicht dorten,
Geh' nicht in die Zelle, dort wohnen die Gleißner.
Du mein Chiser, sey mir gesegnet und hilf mir;
Denn ich bin zu Fuß, und die Anderen reiten.
Niemals sey Hafis von den Haaren befreyet,
Denn nur deine Sklaven sind Freye zu nennen.
1 Narzißen und Rubinen,
Augen und Lippen.
2 Siehe,
wie die Veilchen verwirrt sind, weil deine Locken
dieselben an Weiche und Schönheit beschämt haben.
3 Wenn
du deine Locken vorübergehest, das ist, wenn du
dieselben ordnest und kämmest, so sieh ein wenig, wie
viele Herzen, die sonst ihrer Unbeständigkeit wegen
bekannt sind, darinn hangen geblieben.
|