Aus: Buchstabe Dal
119.
Was wär's, wenn eine Frucht ich pflückte
In deinem Garten - einen Kuss?
Was wär's, wenn ich bei deiner Fackel
Das Auge senkte auf den Fuss?1
Was wär's, o Herr, wenn in den Schatten,
Den du Zipresse leih'st der Flur,
Ich, der von Sonnengluth Verbrannte,
Mich lagerte ein Weilchen nur?
Was wär's, o Siegelring Dschemschidens,
Der nur Monarchen ward verlieh'n,
Wenn deines Widerscheines Schimmer
Beschiene meines Ring's Rubin?2
Sein Haus hat mein Verstand verlassen,
Und wenn's durch diesen Wein gescheh'n,
So hab' ich, was im Haus des Glaubens
Mit mir geschieht, vorausgeseh'n.
Des Königs und des Vogtes Liebe
Wählt' in der Stadt der Frömmler sich:
Was wär's, wenn eines Schönen Liebe
Für meinen Theil nun wählte ich?
Mir schwand die theure Zeit des Lebens
Bei der Geliebten und bei'm Wein:
Womit kömmt jene mir entgegen,
Und was bringt dieser einst mir ein?
Der Meister wusste, dass ich liebe
Und durch kein Wort verrieth er mich:
Was wär's, wenn nun Hafis auch wüsste,
In gleicher Lage sei auch ich?
1 D.h.: Wenn ich von dem Fackelglanze
deiner Wange geblendet und beschämt den Blick zu Boden senkte?
2 D.h.: Wenn du mich küssen wolltest? - Unter dem Siegelringe
Dschemschidens, demselben mit dem Siegelringe Salomon's, kraft dessen
Letzterer den Menschen und Geistern gebot, wird hier der Mund des
Geliebten verstanden, so wie unter dem Rubine des Rings der
Mund des Dichters.
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