Aus: Buchstabe Dal
148.
Nach deiner Lippe sehnet
Das Herz sich gar so sehr,
O Herr, und deine Lippe
Was gab sie ihm bisher?
Den süssen Trank der Liebe,
Den Wein der Sehnsucht giesst
In's Herzensglas die Seele,
Bis dass es überfliesst.
Es hat die düst're Sehnsucht
Nach meines Freundes Haar
Im Netz des Missgeschickes
Ihr Wohnhaus immerdar.
Um sich ein Herz zu fangen,
Wirft Er mit schlauem Sinn
Ein Netz von zarten Veilchen
Auf eine Rose hin.1
War es am Ende schicklich,
Dass ich die Frage that,
Was jener Herzensräuber
Für einen Namen hat?
Setzt je zu einem Freunde
Sich Jener traulich hin,
Dem Hohe oder Nied're
Beschädigen den Sinn?
O des beglückten Herzens,
Das morgen so wie heut
Der wonnigen Gesellschaft
Des Freundes sich erfreut!
Hafis, wie hoch entzückend
Ist ein gesell'ger Kreis,
Der, was zur Lust gehöret,
So ganz zu bieten weiss!
1 D.i.: Die Haare auf die Wange.
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