Aus: Buchstabe Dal
153.
O des beglückenden Momentes,
In dem der Freund uns wiederkehrt,
Uns wiederkehrt als Gramverscheucher,
Von Gramerfüllten heiss begehrt!
Ich führte meines Auges Schecke
Dem König Seines Wahnbild's vor,1
Und hofft', dass jener Reiterkönig
Bald wiederkehre an mein Thor.
Es hüpft, erwartend Seine Pfeile,
Das Herz dem Wilde in der Brust,
Im Wahne, dass Er wiederkehre
Und sinne auf der Beute Lust.
Am Rande Seiner Strasse sitz' ich,
Dem Staube ähnlich, immerfort,
Mich sehnend, dass Er wiederkehre
Und hold betrete diesen Ort.
Ist meinem Haupt in Seinen Schlägel
Sich einzufügen nicht erlaubt,2
Was sprech' ich dann vom Haupt? und kehret
Mir Nutzen wieder von dem Haupt?
Wenn mit der Spitze Seiner Locken
Ein liebend Herz ein Bündniss schloss,
So wähne nicht, ihm kehre wieder
Die Ruhe, die es einst genoss.3
Im Schooss4 mir, gleich dem Meer, zu wogen
Wird meiner Thräne dann verwehrt,
Wenn in die ausgestreckten Arme
Mir Seine Lende wiederkehrt.
Was doch die Sprosser schon gelitten
Durch jedes Winters Grausamkeit,
In Hoffnung, dass da wiederkehre
Die jugendliche Frühlingszeit!
Hafis, ich hoffe zuversichtlich
Vom Schicksalsmaler5 kunstgewandt,
Dass mir mein Bild6, schlank wie Zipressen,
Bald wiederkehre in die Hand.
1 D.h.: Mein Auge traf Anstalt des
Geliebten königliches Phantasiebild zu schauen.
2 D.h.: Falls mein Haupt, wie der Spielball, dem krummen Schlägel seiner
Locke sich nicht einfügen dürfte. - Der Vergleich ist dem bekannten
Maillespiel entlehnt.
3 Es wird dieses Herz eben so stets bewegt bleiben, wie die
Lockenspitzen des Geliebten.
4 Das Wort: Schoos, Rand, Kenar, wird vom Dichter vorsätzlich
gebraucht, da es auch Ufer heisst und gleich darauf des
Meeres Erwähnung geschieht.
5 D.i.: Von Gott.
6 D.i.: Mein Geliebter.
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