Aus: Buchstabe Te
11.
Willkommen, Bote der Verliebten,
Gib von dem Freunde mir Bericht,
Und freudig leist' ich auf die Seele
Bei'm Namen meines Freund's Verzicht!
Es raset meines Herzens Psittich,
Gleich Sprossern in des Käfigs Haft:
Des Freundes Mandel und sein Zucker1
Ist seine stete Leidenschaft.
Sein Haar ist einem Netze ähnlich,
Sein Maal gleicht einem Korn; und ich,
Ein Körnchen aufzupicken hoffend,
Stürzt' in das Netz des Freundes mich.
Bis zu des jüngsten Tages Morgen
Verbleibt versenkt in Trunkenheit,
Wer aus des Freundes Glas, mir ähnlich,
Genippt von aller Ewigkeit.2
Von der Erklärung meiner Sehnsucht
Sprech' ich nicht das geringste Wort:
Dem Freunde würd' es Kopfweh machen,
Bestürmt' ich so ihn immer fort.
Ich neige stets mich zum Vereine,
Doch Er verfolgt der Trennung Spur:
Dem eig'nen Wunsch will ich entsagen,
Erfüllt des Freundes Wunsch sich nur.
Als Schminke reib' ich mir in's Auge
- Wenn's anders meinen Händen glückt -
Den Wegstaub, dem des Freundes Füsse
Des Adels Würde aufgedrückt.
Hafis, verbrenn' im Schmerz, und trage,
Was als unheilbar schon erscheint:
Denn Heilung gibt's nicht für die Schmerzen,
Die ruhelosen, um den Freund.
1 D.i.: Sein Auge und
sein Mund.
2 D.h.: Der, so wie ich seit allem Anbeginne dazu bestimmt ist, sich aus
dem Schönheitsglase des Freundes zu berauschen.
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