Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Schin

3.

Stets denkt der Sprosser an ein Mittel,
Das ihm der Rose Gunst gewinnt,

So wie im Gegentheil die Rose
Auf Kränkung nur der Liebe sinnt.

Wohl kann nicht Herzensräuber heissen,
Wer Liebende dem Tode weiht;

Doch Herr und Meister ist zu nennen,
Wer mitfühlt eines Dieners Leid.

Mit vollem Recht schlägt blut'ge Wellen
In seinem Herzen der Rubin:

Denn thöricht schätzt man auf dem Markte
Die Glaskoralle mehr als ihn.

Der Sprosser dankt die Kunst des Sanges
Der Rose gnäd'gem Unterricht:

Es tönte sonst aus seinem Schnabel
Ein solcher Schwall von Liedern nicht.

Wohl hundert Herzenskarawanen
Zieh'n jenem Vielgereisten nach;

Bewahre ihn, wo er auch weile,
O Herr, vor jedem Ungemach!

Du, der am Dorfe meines Liebchen
Vorbei zu wandeln sich erlaubt.

Sei auf der Hut, denn seine Mauern
Zerschmettern dir gewiss das Haupt!

Wenn von des Heiles Glück zu sprechen,
O Herz, dir Freude auch gemacht,

So ist doch auch die Liebe heilig:
Drum lass sie nimmer ausser Acht!

Es führt - wenn du dich fern gehalten
Von der Begierden eitlem Wahn -

Zum Heiligthume ihres Anblick's
Dich ohne Zweifel deine Bahn.

Der trunk'ne Ssofi, der die Mütze,
Schief auf den Kopf sich hat gesetzt,

 Zerwühlt den Turban sich erst völlig,
Trinkt er noch ein paar Gläser jetzt.

Das Herz Hafisens, dem dein Anblick
Zur freundlichen Gewohnheit ward,

Verzärtelt ist's durch Gunst der Liebe:
Drum schmähe es nicht allzu hart!
 

 

 

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