Aus: Buchstabe Mim
47.
Liebesspiele, jugendliche Reize,
Wein, an Farbe dem Rubine gleichend,
Traute Kränzchen, gleichgesinnte Zecher,
Eine Trinklust, nie ihr Ziel erreichend;
Holde Schenken mit dem Zuckermunde,
Frohe Sänger, süss zu sprechen wissend,
Tischgenossen redlichen Gemüthes,
Laut're Freunde, guten Ruf's geniessend;
Ein Geliebter der durch Mild' und Reinheit
Selbst den Lebensquell zum Neid bewegte,
Und ein Herzensräuber dessen Schönheit
Selbst des Vollmond's Eifersucht erregte;
Ein Gelag das jedes Herz erfreuet,
Wie ein Köschk im hohen Paradiese,
Rings umhegt von einer Rosenlaube,
Wie des Heilgebäudes1 Gartenwiese;
Eine Reihe gutgesinnter Gäste,
Feine Männer auf den Ehrenplätzen,
Freunde die Geheimes treu bewahren,
Zechgesellen die die Freunde schätzen;
Wein, so roth wie Rosen, kräftig, bitter,
Und verdaut mit Leichtigkeit und Schnelle,
Dem, als Kost, sich der Rubin des Holden,
Und der Onix der da schwätzt2 geselle;
Schenkenwimpern die die Schwerter zücken,
Und zur Beute die Vernunft verlangen,
Schöne Locken die als Netze dienen
Um die Herzen schlau darin zu fangen;
Ein gar feiner, launiger Geselle
Wie Hafis, der süsse Lieder singet,
Und ein Edler der verzeihen lehret
Wie Kawam, des Geistesfackeln schwinget;
Wer sich solchen Umgang nicht verlanget,
Dessen Lust soll sich in Leid verkehren;
Wer nach solchem Hochgenuss nicht strebet,
Dessen Leben soll nicht länger währen!
1 D.i. Des Himmels oder Paradieses.
2 Unter Rubin und Onyx ist die Lippe des Geliebten verstanden.
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