Aus: Buchstabe Mim
67.
Auf des Auges Werkstatt malte
Dich mir hold die Phantasie,
Und von einem Bild, dir ähnlich,
Hört' ich nie und schaut' es nie.
Als ich Herr zu werden hoffte,
Sucht' ich deine Knechtschaft mir;
Als ich Lust zu herrschen fühlte,
Wählte ich den Dienst bei dir.
Mit dem Nordwind um die Wette
Dich verfolgend, kam ich doch
Bis zum Staube der Zipresse
Deines Wuchses nimmer noch.
An des Lebens Tag verzweifeln
Hiess mich deiner Locken Nacht,
Und dem Herzenswunsch entsagen
Deines Mundes Herrschermacht.
Nur dein schwarzes Auge klag' ich
Und den schönen Nacken an,
Wenn ich, gleich dem scheuen Rehe
Fliehen muss vor Jedermann.
Wie viel Tropfen schon entlockte
Mir dein Quell, so süss und rein,1
Und wie täuschte dein Rubin mich,
Der da Handel treibt mit Wein!2
Und wie viele Wimpernpfeile
Schoss'st du auf mein wundes Herz,
Und wie trug nach deinem Gaue
Ich so viele Lasten Schmerz!
Bringe mir vom Gau des Freundes
Nur ein Stäubchen, Morgenluft!
Hoffnung gab dem blut'gen Herzen
Immer jener Erde Duft.
Wie an Knospen glitt ein Lüftchen
Seines Gau's an mir vorbei,
Und des armen Herzens Hülle
Riss bei seinem Duft entzwei.
Bei dem Staube deiner Füsse
Und Hafisen's Augenlicht!
Ohne deine Wange strahlte
Meines Auges Fackel nicht.
1 D.i. Dein Mund.
2 D.i. Deine Lippe, die (rothen) Wein zu verkaufen scheint, so roth und
einladend ist wie Wein.
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