Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Mim

69.

Ich spreche Böses nicht, und neige
Mich nicht zur Ungerechtigkeit;

Ich schwärze keiner Menschen Wange,
Und bläue nicht das eig'ne Kleid.1

Schlecht ist es, Arme oder Reiche
Mehr oder weniger zu schmäh'n,

Und das Gerathenste ist immer,
Nie böse Thaten zu begeh'n.

Ich schreite schön einher zu Fusse
In aller Wand'rer Angesicht,

Und kümm're mich um schwarze Pferde
Und um geschmückte Sättel nicht.

Ich schreibe in das Buch des Wissens
Nie eine falsche Stelle ein,

Und füge das Geheimniss Gottes
Nicht zu dem Blatt der Gaukelei'n.

Am Klügsten ist's, dass, wenn der Frömmler
Mir den Genuss des Weines wehrt.

Ich ihn mit keinem Weine ehre,
Der lauter ist und rein geklärt;

Und setzt der König ohne Achtung
Die Zecherhefe an den Mund,

So gebe ich in keinem Falle
Ihm Lauterkeit und Treue kund.

Den Schiffbruch der verdienten Männer
Begünstiget der Himmel sehr:

Am Klügsten ist, mich nicht zu stützen
Auf dieses aufgehang'ne Meer;

Und sprach ein Neider irgend Böses,
Und zürnet der Gefährte dann,

So sprich zu ihm: »Sei guten Muthes!
Wir hören keinen Dummen an.«

Hafis, hat sich der Feind geirret,
Lass mich darum ihn schelten nicht,

 Und sprach er wahr, lass mich nicht streiten
Mit Einem der da Wahrheit spricht.
 

1 D.h. Wir verschwärzen Niemanden und sind keine Heuchler. - Blau ist das Gewand des Ssofis, die durch diese Farbe auf die Erhebung ihrer Seele zum Himmel anspielen wollen und die Hafis als Heuchler anfeindet.

 

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