Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Je

3.

Lob sei Gott, weil meinem Herrscher
Er Gerechtigkeit beschieden,

Ihm, Ahmed Oweis, dem Scheiche,
Sohn Hassan's, des Ilchaniden!1

Chan ist er und Sohn der Chane,2
Fürst aus fürstlichem Geschlechte;

Und die Seele dieser Erde
Nennst du ihn mit vollem Rechte.

Blind vertraute jedes Auge
Deinem glücklichen Geschicke:3

Sei gegrüsst du, den der Schöpfer
Würdig hielt der Gnadenblicke!

Wagt der Mond es aufzugehen
Ohne dich, wird er gespalten:

O Ahmed's und o des Schöpfers
Glück und wundervolles Walten!4

 Bettler- und Monarchenherzen
Raubet deines Glückes Schimmer,

Und der Bosheit Auge nahe
Seel' und Seelenfreund, dir nimmer!

Kräusle nach der Türken Weise
Dir das Haar; denn dir gegeben

Ward die Grossmuth der Chakane
Und der Dschingischane Streben5

Auch entfernt, leer' ich den Becher
Dir zum Wohle und zum Preise,

Denn es schwindet jede Ferne,
Macht der Geist sich auf die Reise.

Nimmer hat auf Persiens Boden
Mir die Knospe »Lust« geblühet;

O wie schön ist Bagdad's Tigris,
Und sein Wein der duftend glühet!6

Wer zum Thürstaub des Geliebten
Nicht gemacht sein Haupt, aus Liebe,

Konnt' er hoffen, dass vom Schwindel,
Der in quält, verschont er bliebe?

Bringe mir, o Morgenlüftchen,
Staub von meines Freundes Schwelle,

Dass durch ihn Hafis das Auge
Seines Herzens sich erhelle!
 

1 Ilchaniden heissen die Abkömmlinge Hulaguchan's.

2 Chan ist ein Ehrentitel turkomanischer Fürsten.

3 Zur Zeit, als du noch nicht zur Regierung gekommen warst nämlich.

4 Eine Anspielung auf das vom Propheten Mohammed bewirkte Wunder der Spaltung des Mondes. - Unter Ahmed ist hier der Prophet gemeint, der im Himmel Ahmed, auf der Erde Mohammed und in der Hölle Mahmud heisst.

5 D.h. Brüste dich, wie sich ein türkischer, ein tatarischer Fürst brüsten kann, denn du bist so grossmüthig wie ein Chakan, was der Titel tatarischer Fürsten ist, und besitzest einen so hohen Geist wie Dschingischan.

6 Hafis sandte dies Ghasel an König Ahmed, Sohn des Oweis nach Bagdad, wo dieser Fürst gewöhnlich den Winter zuzubringen pflegte, während der Dichter, fern von ihm, in Schiras war und sich nach Bagdad zu seinem Herrn und Gönner sehnte.

 

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